Ich träumte einst von Bullerbü… – Teil 1

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…denn für mich gibt es keinen Begriff, der den Sehnsuchtsort ‚heile Welt‘ besser beschreibt. Als Kind war ich zum letzten Mal in Schweden, und meine Erinnerung an diese Urlaube ist eine Mischung aus kindlicher Verklärtheit und Bullerbü-Romantik. Damals hatten meine Familie und ich gerade eine ziemlich turbulente Zeit hinter uns, der Schweden-Urlaub war unser erster, richtiger Urlaub und gespannt machten wir uns auf in ein Land, dass wir Kinder bislang nur aus Astrid Lindgrens Büchern kannten. Es waren wunderschöne Wochen – wir haben uns sofort unsterblich in die typisch schwedischen Holzhäuschen verliebt, haben in eiskalten Seen gebadet, Zuckerstangen geschleckt, im Wald Beeren gesammelt, Pipi Langstrumpf besucht und jeden Abend im schnuckeligen schwedenroten Holzhäuschen Karten gespielt, bis uns die Augen von ganz alleine zufielen. Diese Zeit hat mein Bild von Schweden sehr geprägt, und seit dem träume ich davon, wieder dorthin zurückzukehren. Bis zu einem Wiedersehen sollte es zwar beinahe 25 Jahre dauern, aber dafür ging es dann umso schneller. Kürzlich packte ich also Mann, Kinder und ein paar Habseligkeiten ins Auto und frohen Mutes machten wir uns auf den langen Weg nach Schweden. Darüber wie es uns ergangen ist, was wir gesehen und erlebt haben und ob ich in Schweden mein persönliches Bullerbü wiedergefunden habe, möchte ich Dir heute erzählen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten nach Schweden zu reisen: per Direktverbindung mit dem Flugzeug, mit Bus, Bahn oder Auto auf dem Landweg über die Öresundbrücke, oder wie wir es getan haben: ganz komfortabel mit der Fähre. Nachdem wir den ersten Teil der Reise, von Süd- nach Norddeutschland, erstaunlich gut überstanden hatten, checkten wir am frühen Abend in Kiel auf der Stena Germanica für die Übernacht-Überfahrt nach Göteborg ein. Das Auto stellt man ganz bequem auf dem Parkdeck ab, und genießt dann den Komfort einer Überfahrt mit Kreuzfahrtcharakter. Auf der Fähre gibt es alles was das Herz begehrt, und was die 14 1/2 stündige Fahrt so angenehm und kurzweilig wie möglich gestaltet: verschiedene Restaurants, Shops, Kinderbereich, Animationsprogramm und ein schönes Sonnendeck auf dem sich der Sonnenuntergang prima genießen lässt. Geschlafen wird (ganz erstaunlich bequem und gut!) in einer der komfortablen Kabinen. Weil die Fähre nicht ganz ausgebucht war, gönnten wir uns kurzentschlossen den kleinen Luxus eines Kabinen-Upgrades, so dass wir den einmaligen Komfort einer Premium-Unterkunft auf hoher See genossen…

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Diese Investition hat sich wirklich gelohnt, denn herrlich ausgeruht, frisch geduscht, vom Frühstücksbüffet angenehm gesättigt und ohne unangenehme Zwischenfälle wie Seekrankheit & Co., verließen wir am Sonntag morgen die Fähre in Göteborg und machten uns auf den Weg zu unserem vorübergehenden schwedischen Urlaubs-Zuhause, nur 2 Autostunden entfernt von Göteborg…

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An dem Ufer des Vättern, dem zweitgrößten See Schwedens (und dem sechstgrößtfb Europas!) liegt das kleine Städtchen Gränna. Die idyllische Kleinstadt ist vor allem für einen wagemütigen Polarforscher und die rot-weiß gestreiften Zuckerstangen bekannt, dazu aber später mehr.

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Sobald man in Schweden das Festland betritt, ist man erstmal überwältigt: von der einzigartigen Landschaft, den vielen großen und kleinen Seen und den idyllischen Holzhaussiedlungen mitten in diesem Paradies. Es gibt keinen schöneren Weg dies zu genießen, als sich auf einen der knapp 500 Campinganlagen des Schwedischen Campingverbands SCR einzuquartieren. Nirgends ist man der Natur näher und Camping gehört in Schweden zu der häufigsten Form der Unterkunft – die Unterkunftsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von Zelt, Wohnwagen und Reisemobil bis hin zu Ferienhütten und -häusern und manchmal auch Jugendherbergen. Auf der Internetseite des Schwedischen Campingverbands lässt sich ganz einfach eine passende Unterkunft finden.

Persönlich empfehlen kann ich den Grännastrandens Campingplatz, eine moderne Anlage die neben Stell- und Zeltplätzen auch über 38 Holzhäuser in unterschiedlicher Ausstattung und Größe verfügt. Zweifellos die schönste Art zu wohnen: in einer der fünf 6-Personen-Cabins direkt am Ufer des Vättern-Sees…

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Die Holz-Cottages sind geräumig und verfügen über 2 Schlafzimmer, ein großes Wohn-/Esszimmer mit Küche sowie eine Terrasse mit Sitzmöglichkeit. Das Badezimmer fällt zum sonstigen Standard der Hütten zwar leicht ab, punktet dafür aber mit einer Fußbodenheizung, über die wir uns jeden Morgen aufs Neue gefreut haben. Das große Panoramafenster der Holzhäuser bietet eine phänomenale Sicht auf den See. Frühstücken war noch nie schöner als hier – mit Seeblick und ofenwarmen, herrlich duftenden Kanelbullar (schwedischen Zimtschnecken)…

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Auf dem Gelände des Campingplatzes gibt es ein kleines Lebensmittelgeschäft (2 Supermärkte sind ebenfalls in der Nähe) sowie eine gute Auswahl an kleinen Restaurants und Butiken. Im Sommer kann man in der Gränna Badelagune mit Sandstrand baden. Während unseres Aufenthalts war das Wetter sehr wechselhaft, an baden war nicht zu denken. Dafür vergnügten sich unsere kleinen Damen in Matschhosen und Gummistiefeln am Sandstrand und auf dem angrenzenden Spielplatz…

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Gränna ist eine Kleinstadt mit einer sehr angenehmen Mischung aus Umtriebigkeit und Gelassenheit. Die Hauptstrasse (Brahegatan) lädt zu einem gemütlichen Spaziergang ein, es gibt einige schöne kleine Läden, Cafés und idyllische Hinterhöfe. Wer eine atemberaubende Weitsicht auf See und Ufer genießen möchte, der sollte den Aufstieg zum Aussichtsplateau mit Café wagen. Man wird mit einem herrlichen Blick auf die Umgebung belohnt. 

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Den besten Café haben wir in Gränna bei Roni Lazar in der Gelato Factory getrunken, wunderbares Schokolade gibt es in der Chocolaterie Gränna Choklad und wer richtig gutes Knäckebrot kaufen möchte, schaut bei Gränna Knäcke vorbei.

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Obwohl Gränna keine 3000 Einwohner zählt, kennt garantiert jedes schwedische Kind das Kleinstädtchen am Vättern-See. Dies liegt vor allem an Amalia Erikson. Vor über 150 Jahren hatte eine junge Witwe eine einzigartige Idee, um sich und ihre kleine Tochter Ida vor der Armut zu bewahren. Nachdem Amalia mit nur 25 Jahren Witwe wurde, begann sie in ihrer Küche Beerdigungs-, Tauf- und Hochzeitsbonbons herzustellen und zu verkaufen. Heute, 150 Jahre später, werden die Zuckerstangen, auch ‚Polkagris‘ genannt, im Großen und Ganzen weiterhin so hergestellt wie zu Amalias Zeiten, nämlich aus Zucker, Wasser, Essig und Pfefferminzöl. In den zahlreichen kleinen Manufakturen (zum Beispiel hier und hier) kann man nicht nur Zuckerstangen in allen Geschmacksrichtungen kaufen, sondern auch bei deren Herstellung zusehen. Und wer selber Hand anlegen will, meldet sich einfach zu einem Polkakris-Crashkurs an.

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Jeder Spaziergang durch Gränna endet früher oder später im Hafen, dort wartet schon die Fähre, die einen auf die kleine Insel Visingsö bringt. Die Überfahrt dauert nur wenige Minuten, und die Insel ist ein schönes Ausflugsziel für Groß (die Abgeschiedenheit und Ruhe!) und Klein (die Burgruinen!). Für eine entspannte Inselrundfahrt kann man sich dort mit einem Remmalag, einer für das Eiland typischen Pferdekutsche mit längs angeordneten Sitzreihen, über die Insel kutschieren lassen. Bei schönem Wetter empfehle ich es, sich mit einem Picknick-Korb bewaffnet, Fahrräder auszuleihen und die Insel auf eigene Faust und in eigenem Tempo zu erkunden. Bei Leklandet Visingsö lassen sich die unterschiedlichsten Fortbewegungsmittel ausleihen: Fahrräder (teilweise mit Kindersitzen), Tandems, Familybikes, Golf Carts, etc.. Wir haben mehrere Stunden auf der Insel verbracht, sind  viele Kilometer mit den Fahrrädern geradelt, die Kinder durften an der Burgruine klettern und Blumen pflücken, während wir uns im vorbeifahren an den wunderschönen Holzhäusern satt sehen konnten…

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Wer neben all der ländlichen Idylle und Abgeschiedenheit aber auch ein wenig Stadt-Luft schnuppern möchte, sollte sich auf den Weg nach Jönköping machen. Beinahe zusammengewachsen sind die beiden Städte Jönköping und Huskvarna. In letzterer findet man das Husqvarna-Fabrikmuseum, ein kleines Museum in einem alten Fabrikgebäude, und ein Spiegel der Zeit, der sehr ansehnlich und für Kinder geeignet, die Entwicklung der einstigen Waffenschmiede veranschaulicht.

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Am Fabrikgelände angrenzend befindet sich Smedbyn, eine Anreihung von kleinen Holzhäuschen, die früher als Quartiere für die Arbeiter der Waffenschmiede dienten. Heute beherbergen die kleinen roten Häuschen zahlreiche kleine Galerien und Künstlerwerkstätten, die auf jeden Fall einen Besuch wert sind.

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Weiter gehts nach Jönköping. Obwohl die etwa 100000-Einwohner große Stadt beinahe 800 Jahre alt ist, wirkt sie sehr jung und modern. Ein Großteil der alten Bauwerke fiel im Laufe der Jahrhunderte den Flammen zum Opfer. Jönköping ist eine entspannte Stadt, in der es sich herrlich bummeln, spielen und verweilen lässt. Während die Kinder sich über die außergewöhnlichen Spielplätze freuen, genieße ich eine Runde durch die Fußgängerzone. Im Lagerhaus finden sich garantiert ein paar hübsche Mitbringsel, guten Cafe und freies W-LAN gibts im Espresso House und wer Hunger hat, lässt sich ja vielleicht von einem der zahlreichen Foodtrucks begeistern.

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Weltweit bekannt wurde Jönköping für einen Alltagsgegenstand, der heute nicht mehr wegzudenken ist: das Streichholz. Die eindrucksvolle Gründungsgeschichte der Streichholzfabrik der Brüder Lundström kann man im Streichholzmuseum erkunden…

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Das kleine Museum ist auch für Kinder sehr ansprechend gestaltet, so dürfen sie beispielsweise an einem alten Arbeitstisch selber Hand anlegen und mit Original-Werkzeugen Streichholz-Verpackungen basteln.

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Nicht nur wegen des grandiosen Lunch-Buffet im Asia-Restaurant RoseGarden machten wir gleich zwei mal einen Ausflug nach Jönköping. Das große und sehr schön gestaltete Restaurant bietet mittags ein All-you-can-eat-Büffet mit moderner asiatischer Küche an. Hier kann man, auch mit 3 Kindern, kostengünstig und sehr fein speisen. Am Nachbartisch sitzen 5 Mütter mit Babies und Kleinkindern, es gibt einen grandios ausgestatteten Wickelraum und die Atmosphäre ist herrlich entspannt…

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Neben dem Besuch der Astrid Lindgren Welt in Vimmerby (darüber berichte ich Euch bald ausführlich im zweiten Teil meines Schweden-Berichts) gehörte der Ausflug ins Kulturreservat Åsens by zu einem meiner persönlichen Highlights unseres Urlaubs…

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In dem Freilichtmuseum Åsens by erfährt man, wie ein kleines, småländisches Dorf früher ausgesehen hat. Seit 100 Jahren hat sich dort nichts mehr verändert. Das kleine Gebiet wird liebevoll gehegt und gepflegt und absolut authentisch für die damalige Zeit bewirtschaftet. Auf den schmalen Ackerstreifen arbeiten noch Pferde, die Häuser sind von den traditionellen Schrägzäunen umgeben, im Bienenstock wird fleißig Honig produziert und auf den Feldern werden alte Getreide- und Gemüsesorten angepflanzt und geerntet…

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Die berühmteste Person von Åsens by ist zweifelsohne Tekla. Die 1902 geborene Frau könnte heute wohl viel erzählen über das Leben damals. Bis zu ihrem Tod 1982 wohnte sie in einem der typischen rot-weißen Häuschen, ohne Elektrizität, dafür mit Küchengeräten aus Uromas Schrank. Heute kann man ihr Haus besichtigen und so einen kleinen Einblick in Teklas Leben bekommen…

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In Åsens by kann man sogar übernachten. Gäste sind herzlich eingeladen sich im alten Pfarrhaus einzuquartieren. Während die Kinder im Stall mit den beinahe lebensgroßen Holztieren spielen, kann man sich im Museumsladen umsehen, den selbstgemachten Honig und Marmelade aus dem Obstgarten kaufen, oder sich im kleinen und absolut hinreißenden Café ein Stückchen selbst gebackenen Kuchen gönnen. Vor einem Besuch von Åsens by ist es empfehlenswert die Öffnungszeiten nochmals zu checken.

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Unsere Schweden-Reise endete eine Woche später dort wo sie begonnen hatte: in Göteborg. Von der sehr weltoffenen Stadt haben wir leider nur sehr wenig gesehen, erst spielte das Wetter nicht so recht mit, und anschließend ließen die Energiereserven der Familie etwas nach. Eine Sache habe wir uns aber dennoch nicht entgehen lassen: das wunderbare Altstadt-Viertel Haga. Hier tobt das bunte Leben. In zahlreichen individuellen Shops und Vintage-Läden kann man flanieren und Künstlerateliers und Werkstätten laden zum Verweilen und Stöbern ein. Haga darf man auf gar keinen Fall verlassen, bevor man nicht in den Genuss einer Riesen-Zimtschnecke im Café Husaren gekommen ist. Auch wenn die Foto-Beweise fehlen, es war wunderbar!

Vor Beginn der Reise nach Schweden war ich voller Vorfreude aber auch ein klitzeklein wenig besorgt darüber, ob mich das Land heute, beinahe 25 Jahre später, auch ohne all die kindliche Verklärtheit noch genauso begeistern würde, wie es das einst getan hatte. Meine Bilanz nach 7 Tagen Schweden-Urlaub: auch mit den Augen eines großen Menschen und einem erwachsenen Herzen habe ich mein Stückchen Bullerbü an vielen, vielen Ecken und Plätzen wiedergefunden- ein herrliches Gefühl!

Ich hoffe ich konnte Dich ein Stückchen mitnehmen ins Land von Zimtschnecken & Co.. Demnächst erzähle ich Dir immer zweiten Teil des Reiseberichtes über unseren Ausflug in Astrid Lindgrens Heimatstadt, unsere Bekanntschaft mit Pipi und Co, und wie es ist durch Bullerbü und Michels Katthult zu spatzieren! 

Wer Fragen hat, oder sonstige Tips zu einen Familienurlaub in Schweden hat, ist herzlich willkommen mir im Kommentarfeld zu schreiben. 

Habt alle ein wunderbares Wochenende und Danke fürs gedankliche Mitreisen,

*bee

PS: Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von VisitSweden. Meine Meinung ist, wie immer, meine eigene.

Comments

  1. Liebe Emmabee das ist ein ganz ganz wundervoller Beitrag und macht direkt Lust los zu fahren! Nach Schweden wollte ich auch schon immer Reisen. Unsere kleine ist jetzt zehn Monate alt und mit all den Tipps hier in deinem Beitrag kann ja auch eigentlich nichts mehr schief gehen ☺️ ich werde mir einen Urlaub dieser Art für das nächste Jahr fest vor nehmen. Danke dafür! Liebe Grüße, jessica

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